Wintersemester 1887/1888, Studium der Rechtswissenschaften
Die Lausbubengeschichten, alle (fast) selbst erlebt und über die Studentenzeit kein einziges Wort: Seltsam. Ludwig war erst sechs Jahre alt, da starb der Vater, ein angesehener Förster in Forstenried. Die Mutter musste nun die sieben Kinder alleine großziehen, Ludwig bekam einen Vormund. Schon als Schüler setzte er sich gegen Scheinautorität und Doppelmoral heftig zur Wehr, was zur Folge hatte, dass er häufig die Schule wechseln musste. So besuchte er die Gymnasien in Landstuhl/Pfalz, Neuburg an der Donau, Burghausen, München (Königliches Wilhelmsgymnasium) und Landshut, wo er schließlich das Abitur bestand. Eines seiner populärsten Werke, die Lausbubengeschichten, gehen auf Erlebnisse während seiner Schulzeit zurück.
Thoma wollte - wie sein Vater - Förster werden und begann ein Studium der Forstwissenschaft in Aschaffenburg, brach es jedoch nach dem ersten Jahr ab, wechselte zur LMU und begann Rechtswissenschaften zu studieren. Er wurde Mitglied der Studentenverbindung Corps Suevia; dort in einer großzügigen Villa – damals noch in Bogenhausen - war es sicherlich bedeutend angenehmer als in den engen Hörsälen der LMU. Und so blieb Ludwig Thoma nur ein einziges Semester in München, alle weiteren juristischen Semester hat er in Erlangen belegt. Dort war es nämlich, was jedem bayerischen Studenten bekannt war, leichter, durch die Examen zu kommen, und – was Thoma wusste und schätzte – bedeutend gemütlicher. Über seine persönlichen Erfahrungen als Korpsstudent hat er nie ein Wort geschrieben, wohl aber über den Typ des „aufgeschwemmten Studenten, der sich in ein paar Semestern um Gesundheit und Tatkraft soff“.
Nach ein paar Jahren als Rechtspraktikant ließ er sich dann als Rechtsanwalt in Dachau nieder. Hier lernte er „seine Bauern“ kennen, die er in der Folgezeit so treffend beschrieb.
Aber schon nach wenigen Jahren zog es ihn (wieder) nach München, wo er immer mehr Artikel und Geschichten schrieb, bis er die Juristerei ganz aufgab.
Praktisch 20 Jahre dauerte eine ganz außerordentliche Schriftstellerkarriere, die lange Zeit mit dem Simplizissimus auf das engste verbunden war. Er war ihr Chefredakteur und musste wegen eines sozialkritischen Gedichtes sogar in Stadelheim einsitzen. Vor allem schreibt Thoma erfolgreiche Romane über die urbayerischen Menschen seiner Zeit, mit seinen Theaterstücken kann er in München, Stuttgart und Berlin Triumphe feiern.
Mit dem Ersten Weltkrieg änderte sich Ludwig Thoma, die Artikel im Simplizissimus wurden zahnloser, Thoma selbst wollte und konnte sich der allgemeinen Kriegsbegeisterung nicht entziehen, blieb aber glücklos als Soldat. Den verlorenen Krieg verkraftete er nicht, die Weimarer Republik lehnte er ab. Er verstand die Welt nicht mehr und zog sich verbittert in sein Haus zurück, nur um noch anonyme Hetzartikel zu schreiben, vor allem gegen die Regierung in Berlin und gegen die Sozialdemokratie.
Erst zum Schluss erlangt er die ihm gebührende Würde zurück: Er hält die Grabesrede auf seinen langjährigen Freund Ludwig Ganghofer, dort neben ihm und nur ein Jahr später wird er selbst zu Grabe getragen, unter einem strahlenden Spätsommerhimmel und in seiner Jägertracht. Jetzt ist er mit seinen unsterblichen Figuren zusammen, mit der Tante Frieda, dem bayrischen Landtagsabgeordneten Jozef Filser, dem Dienstmann Aloisius und vielen anderen.