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Dialog der Generationen

Studientag zum Thema „Dialog der Generationen – Veränderungen und Perspektiven“.

Das 2020 im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Studientag“ des Zentrums Seniorenstudium in Zusammenarbeit mit der Münchener Universitätsgesellschaft gewählte Thema: „Dialog der Generationen“ trifft auf sehr großes Interesse. So kann Prof. Dr. Elisabeth Weiss, Direktorin des Zentrums Seniorenstudium der LMU und Vorstandsmitglied der Universitätsgesellschaft, im fast vollbesetzten Hörsaal der LMU rund 230 Zuhörerinnen und Zuhörer begrüßen.

Gibt es Generationen? Mit dieser Frage beginnt Prof. Dr. Armin Nassehi, Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der LMU seinen Vortrag und zitiert Helmut Schlesky zum Dialog: Ist die Dauerreflexion institutionalisierbar? Nassehi unterscheidet zwischen dem Dialog der Kulturen, der Religionen, der Konfessionen und dem Dialog der Generationen mit weiteren Fragestellungen: Wer spricht für wen? Wie können sich Generationen begegnen, die in sich schon sehr unterschiedlich sind?
Um zu klären, was eine Generation ist, gilt es, den Zeitaspekt der Gesellschaft zu beleuchten. Nassehi tut dies am Beispiel der 68er-Generation, die eher eine popkulturelle als eine akademische Form darstellt und macht deutlich, dass Erfahrungen dazu führen, wie wir Generationen beschreiben. Wie definieren sich Generationen? Ist die FridaysForFuture-Bewegung Ausdruck einer Generation? Nassehi kommt zu dem Schluss: Eine Generation ist ein Selbstbeschreibungseffekt mit Anschlussfähigkeit und repräsentiert Konfliktlagen. Es gibt Generationen – aber nicht als Zeitabfolge sondern eher als Lebensgemeinschaft.

Dr. Nils Uwe Bahlo, Germanistisches Institut, Abteilung Sprachwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster geht auf die Sprache der Generationen ein und titelt seinen Vortrag „Von ‚famos‘ bis ‚endgeil‘. Jugendsprache als Generationsmarker oder auch „Jugendsprache zwischen Fiktion und Wirklichkeit“. Für Bahlo gibt es weder „die Jugend“ noch eine Jugendsprache, sondern eher eine Sprachkultur, basierend auf einer Selbstdarstellung. Die Jugendsprachforschung ist alt: schon 1754 gab es ein Wörterbuch der Studentensprache. Über einen Zeitraum von 1900 bis 2000 zeigt Bahlo anhand einzelner Wörter die Entwicklung der Jugendsprache. Tatsächlich verhält es sich so, dass sich die Oberfläche von Sprache verändert, die Morphologie und die Grammatik jedoch bestehen bleiben. Die Funktion von Jugendsprache ist u. a. die Identifikation mit der eigenen Peergroup und schafft eine Abgrenzung von anderen (Alters-)Gruppen und positioniert die eigene Person. „Jugendsprache“ kann auch eine Provokationsfunktion haben, um Grenzen, Normen und Werte zu testen. Bahlo’s Fazit: „Lexikoneinträge als Generationsmarker zu betrachten, erscheint zu eindimensional. Jugendsprache ist mehr als die Ansammlung von Wörtern. Einzelne Wörter mögen wohl eher Phasenmarker einer bestimmten Situation in einer bestimmten Zeit sein … und diese Zeit wandelt sich sprachlich gesehen schnell.“

Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Weidenfeld, Centrum für angewandte Politikwissenschaft, LMU prüft den Dialog der Generationen unter dem Titel „Europa – die Differenz der Generationen“ aus außenpolitscher Sicht und kann dabei sehr viel aus eigener Erfahrung beitragen. Weidenfeld war u. a. von 1987 bis 1999 Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit. Weidenfeld begeistert das Publikum mit interessanten Geschichten und Hintergrundinformationen aus seiner langjährigen Tätigkeit als politischer Berater. Mit vielen Beispielen aus seinem politischen Leben verdeutlich Weidenfeld die Bedeutung der Dialoge über die Generationen hinweg. Angefangen mit der Generation nach dem Krieg bis in die heutige Zeit gibt er einen Geschichtsüberblick  mit Blick auf die Prägung der Generationen.

Magdalena Mittermeier, Doktorandin der Geographie und geographischen Fernerkundung, LMU zeigt in Ihrem Vortrag „Generationengerechtigkeit im Kontext des Klimawandels – Perspektive junger Menschen“ aus wissenschaftlicher Sicht, wie weit der Klimawandel voranschreitet. Anschaulich erläutert sie Fachbegriffe des Klimawandels und verdeutlich in einer Vorschau verschiedener Szenarien zu Auswirkungen auf die Erderwärmung um 1,5 Grad Celsius bzw. 2 Grad Celsius. Noch ist Zeit zu entscheiden, wie die Erderwärmung nach oben begrenzt werden kann – es bleibt jedoch nur noch ein kleines Zeitfenster von 10 Jahren. Sie stellt die Frage: „Verletzen wir heute das Recht zukünftiger Generationen auf ein intaktes Klima?“. Zum Klimaschutz gehört Nachhaltigkeit und Mittermeier definiert diese mit einem Zitat aus dem Brundtland-Bericht (1987): „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“.

Nach einer ausführlichen Diskussionsrunde mit vielen Fragen aus dem Auditorium beendet Prof. Weiß den äußerst informativen Studientag. 

Über das Seniorenstudium:
Die Ludwig-Maximilians-Universität bietet allen akademisch Interessierten, die über die Hochschulzugangsberechtigung verfügen, ein umfangreiches, breit gefächertes Seniorenstudium an. Es kommt dem Bedürfnis nach wissenschaftlicher Information, geistiger Orientierung und aktiver Kooperation entgegen und will so einen Beitrag leisten zur sinnvollen Gestaltung des Lebens nach der Phase aktiver Berufstätigkeit. Das Seniorenstudium an der Universität München wurde 1987 von dem Theologen und Philosophen Eugen Biser begründet und zwanzig Jahre lang von ihm selbst geleitet. Seit dem Jahr 2000 liegt die Planung und Organisation in den Händen einer fakultätsübergreifenden, zentralen Einrichtung der LMU, dem Zentrum Seniorenstudium.

Über die Münchener Universitätsgesellschaft
Die Universitätsgesellschaft ist einer der ältesten und heute auch einer der größten Universitätsfördervereine in Deutschland. Thomas Mann und Ricarda Huch zählten 1922 zu den Gründungsmitgliedern. Die Münchener Universitätsgesellschaft trägt derzeit mit rund einer dreiviertel Million Euro pro Jahr zur Finanzierung wichtiger Forschungsprojekte an der LMU bei. Durch die stark veränderten Anforderungen an die LMU wird die finanzielle, aber auch die ideelle Zuwendung durch die Universitätsgesellschaft immer bedeutsamer. Mit Blick in die Zukunft wird vor allem die Förderung und Entwicklung unseres akademischen Nachwuchses für den nationalen und internationalen Wettbewerb eine der Kernaufgaben sein. Aber auch die Mitglieder der Gesellschaft profitieren in besonderem Maße von einem hochkarätigen Netzwerk bei den verschiedensten Veranstaltungen wie z. B. dem Stiftungsfest, der höchsten akademischen Feier der LMU im Jahr, den Ringvorlesungen, diversen Podiumsdiskussionen, Sonderführungen, Vorträgen und vielem mehr.